Das europäische Attac-Netzwerk warnt eindringlich vor den aktuellen Plänen zur Einführung einer Europäischen Wirtschaftsregierung:
Zurzeit wird im Europäischen Parlament eine ganze Reihe von Gesetzesvorschlägen hinsichtlich der Eurokrise diskutiert, die vor allem durch die Europäische Kommission und den ECOFIN (Ministerrat der Wirtschafts- und FinanzministerInnen) vorangetrieben werden. Nach der Abstimmung im Commitee on Economic and Monetary Affairs im April, wird im Europäischen Parlament voraussichtlich am 8. Juni über die Vorschläge abgestimmt.
Bislang sieht es so aus, als würden die meisten der Eröffnungsvorschläge auf breite Zustimmung innerhalb des Parlamentes stoßen, auch wenn der Zeitdruck, vorgegeben durch die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten, keine tiefergehende Diskussion der Vorschläge und ihrer Auswirkungen auf die europäischen BürgerInnen zulässt. Ein Jahr lang haben die Europäische Kommission und die FinanzministerInnen im Geheimen über die Vorschläge beraten, um nun zu versuchen, einen so knappen Zeitrahmen durchzudrücken, der einen wirklich demokratischen Prozess unmöglich macht.
Sollten diese Gesetzesvorlagen in Kraft treten, werden die BürgerInnen in Europa aufgrund der Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten (jährliches Bußgeld bis zu 0,5% des BIP bei Nichtbefolgung), mit neuen Wellen von Sparmaßnahmen konfrontiert werden.
Des Weiteren werden die Europäische Kommission und der ECOFIN durch die neuen Gesetze mit der Einführung der sogenannten macroeconomic imbalance procedure, mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet, die es ihnen erlauben, sich weit in die nationale Wirtschaftspolitik einzumischen. Mittels Indikatoren - die nach heutigem Stand weder Unausgeglichenheit auf dem Arbeitsmarkt, noch im Finanzsektor mit einschließen und sich nicht mit Verteilungsproblemen befassen - wird die Kommission (mit Anerkennung des Rats) das Recht erhalten, Wirtschaftssanktionen gegen Mitgliedsstaaten zu verhängen. Im Falle einer Nichteinhaltung der Gesetze wird erneut eine drastische Strafe verhängt.
Es gibt gewichtige Argumente von juristischen ExpertInnen für Europarecht, dass die vorgeschlagenen Verfahrensweisen nicht im Einklang mit geltendem europäischen Recht stehen.
Es wird die Sozialsysteme weiter zerstören, da weitere Sparpakete zu erwarten sind. Konkret bedeutet dies einen weiteren Abbau der öffentlichen Dienste, Gehälter und Renten, niedrigere Steuern für große Unternehmen und Angriffe auf die Arbeitnehmerrechte.
Es wird die demokratischen Spielräume beschränken, indem der Europäischen Kommission weitreichende Rechte zugesprochen werden, Sanktionen gegen Mitgliedsstaaten auszusprechen, die die Schuldenreduzierung nicht einhalten oder die geforderten Maßnahmen in der Wirtschaftspolitik nicht einhalten. Bürokratischen Institutionen wird große Macht in heiklen Fragen der Wirtschaftspolitik zugesprochen. Angesichts der aktuellen Ideologie der BürokratInnen in der Europäischen Kommission und den Finanzministerien wird dies praktisch eine enge neoliberale Zwangsjacke für alle Mitgliedsstaaten bedeuten.
Derweil werden Finanzakteure (wie z.B. Banken) oder Vermögende (die aktuell am meisten von den Eingriffen der Regierungen während der Finanzkrise profitiert haben) nicht dazu beitragen, die Kosten der Finanzkrise zu tragen.Wir sind ausdrücklich für eine wirtschaftliche Koordination der EU-Staaten. Die gegenwärtige Krise erfordert eine gemeinsame Antwort. Darüber hinaus werden Maßnahmen benötigt, die die Interessen aller EU-BürgerInnen, der ArbeitnehmerInnen, LandwirtInnen und der Umwelt identifizieren und berücksichtigen. Stattdessen werden jedoch politische Maßnahmen ausgeweitet, die eine noch radikalere neoliberale Ausrichtung zur Folge haben.
Deshalb ist es an der Zeit, Nein! zu sagen.
Nein zur Verstärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und verschärfter neoliberaler Wirtschaftspolitik.
Nein zu größerer Machtfülle der Europäischen Kommission und der FinanzministerInnen.
Wir werden die Finanzkrise nicht mit dem Abbau unseres Wohlfahrtsstaates bezahlen.
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Mehr Infos:
Wissenschaflticher Beirat von Attac Deutschland:
Manifest zur Krise des Euro
Elisabeth Klatzer, Christa Schlager:
Europäische Wirtschaftsregierung ? Eine stille neoliberale Revolution.
Steffen Stierle, Attac D:
Das neoliberale Window of Opportunity
Quelle: http://www.oureurope.org/9483.html?&L=2
Gewinne werden privatisiert, Verluste zahlt die Öffentlichkeit. So kann und darf Wirtschaft nicht aussehen. Für die Wirtschaftskrise, aus der mittlerweile durch politische Dummheit eine Staatsschuldenkrise wurde, müssen die Verursacher zahlen.
Vielleicht sollte an dieser Stelle auch einmal darauf hingewiesen werden, dass bereits im 18. Jhdt, mit dem Aufkommen des heutigen Aktiensystems, des öfteren ein Verbot dieses neuen Glücksspiels gefordert wurde. Eine Diskussion, die wohl dringend der Wiederaufnahme bedarf.
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