Es gibt bereits zahlreiche Ansatzpunkte für eine Energiewende. Einigkeit herrscht darüber, dass es Maßnahmen von oben und unten braucht: engagierte Kommunen, engagierte Bürger*innen, aber auch Rahmenbedingungen und Gesetze. Und vor allem braucht es auch einen Paradigmenwechsel, nämlich weg vom Wachstums- und Profitdenken und hin zum Wunsch nach einem guten Leben.
Rahmenbedingungen und Hindernisse.
Erfahrungen aus der Stadtpolitik in Graz haben gezeigt, dass Kommunen in erster Linie über Förderungen positiv auf eine Energiewende einwirken können, weil die Rahmenbedingungen vom Bund vorgegeben werden und schwer beeinflussbar sind. Deshalb sei auch der Bund stark gefordert, entsprechende Gesetze zu erlassen. Förderungen seien aber für Kommunen ein guter Weg, um den Menschen Anreize zu geben.
Als hinderlich sehen die Konferenzteilnehmer*innen den starken Fokus auf Strom. Für ein Energie-Gesamtkonzept brauche es auch ein umfassendes Konzept für Wärme und Verkehr.
Weitere Lösungsvorschläge aus dem Workshop bezogen sich auf ein Öko-Pickerl, das den gesamten Produktionszyklus eines Gerätes zertifiziert, und eine demokratische Finanzierung für „nicht-marktfähige“ Alternativenergieproduktion.
Bürger*innenbeteiligungsmodelle.
Mittlerweile gibt es viele Beteiligungsprojekte im Energiebereich. Schwierig ist der rechtliche Graubereich, wenn Bürger*innen Schritte in Richtung nachhaltige Energiegewinnung zur Strom- und Wärmeerzeugung setzen. Oft begeben sich die Initiativen dabei in die Arme eines großen Energiekonzerns. Die Gründung von kleineren Genossenschaften ist eine weitere Möglichkeit, die immer mehr in die Realität umgesetzt wird und auf das kollektive Veränderungspotential vor Ort setzt.
Zu Beginn muss jedoch meist die Standortfrage geklärt werden, was sich vielerorts als schwierig zu nehmende Hürde erwiesen hat. Ist diese geklärt, stellt sich die Frage des Finanzierungsmodells. Wie man in einigen Projekten gesehen hat, konnten Einwände der Finanzmarktaufsicht dabei über Genossenschaftsmodelle oder „Sale & lease-back“ Lösungen entkräftet werden. Von vielen Diskutant*innen im Workshop wurde zudem eingefordert, dass auch der Herstellungsprozess der verwendeten Sonnenkollektoren kritisch durchleuchtet werden muss. Hier sind nachhaltige Kriterien für die Anlagenherstellung zu berücksichtigen, um damit grünen Ansprüchen an die Energiewende Genüge zu tun. In jedem Fall ist die Zukunft der Fördersysteme entscheidend und bietet großes Potential für die Umsetzung einer Energiewende von unten, sind sich die Teilnehmer*innen einig.
In der Steiermark gibt es im Auftrag der Landesregierung demnächst eine Übersicht über die rechtliche Situation und einige Best Practice Beispiele. Auch Oberösterreich und andere Bundesländer arbeiten intensiv an diesem Thema. Ergebnis könnte in näherer Zukunft ein Gründungsleitfaden für Beteiligungsprojekte sein.
Instrumente und Netzwerke für eine nachhaltige Energiezukunft.
In den letzten Jahren entstand eine Reihe von Netzwerken, die zu einer Energiewende von unten beitragen.
BEAM 21 ist eine eLearning-Plattform und ein Weiterbildungsangebot für Stadt- und Gemeinderäte*innen und Mitarbeiter*innen von Gemeindeverwaltungen und möchte Wege zu mehr Energieeffizienz aufzeigen. Der Schwerpunkt des Programms liegt auf der Kompetenzentwicklung für kommunalen Klimaschutz und ein intelligentes Energiemanagement.
Das Klimabündnis bietet Beratung für Gemeinden und Unternehmen und informiert über globale Zusammenhänge und lokale Handlungsmöglichkeiten. Darüber hinaus ermöglicht es Ausbildungen zum/ zur Expert*in für Klimaschutz, Bodenschutz oder Mobilität.
ICLEI (International Council for Local Environmental Initiatives) ist ein internationales Netzwerk unter dem Dach der UNO, das Kommunen dabei unterstützt, nachhaltige Energie-Pläne zu erstellen und durchzuführen. Es trägt mit einer Reihe von webbasierten Werkzeugen und Vernetzungsplattformen zur Unterstützung der lokalen Akteur*innen bei.
Workshops in Schulen sind auch ein sehr wichtiges Instrument, weil Kinder als Multiplikator*innen, insbesondere für ihre Eltern, wirken können. Weitere Instrumente, die insbesondere zur Mobilisierung vor Ort beitragen, sind Artikel in Gemeindezeitungen, die Präsentation von Good-Practice-Beispielen oder Aktionstage. Das Programm „BEAM 21 – Energiewende von unten“, das momentan von der GBW mit burgenländischen Gemeindegruppen als Pilotprojekt realisiert wird, setzt genau hier an. Es versucht das notwendige Hintergrundwissen zur Energiewende mit der politischen Arbeit vor Ort zu verknüpfen.
Welche Schritte können wir für eine sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Energiewende von unten setzen?
Im Abschlusspodium wurden noch einmal konkrete Projekte vorgestellt, die bereits an einer Umsetzung der Energiewende von unten arbeiten.
Lisa RÜCKER , Vizebürgermeisterin in Graz, fasste noch einmal Vorzeigeprojekte aus Graz zusammen. Als die Grünen 2008 in die Stadtregierung kamen, war die Analyse der Ausgangslage der erste Schritt, um ein umsetzungsfähiges Energiekonzept zu ermöglichen. Einsparungspotentiale in der Stadt zu erkennen, war ein wesentlicher Aspekt dieses Energiekonzepts. Das Ergebnis daraus waren ein Solar-Dachkataster, der von der Bevölkerung stark genutzt wird, und die Verdoppelung der Förderungen.
Erwin STUBENSCHROTT schilderte Projekte der Solidarregion Weiz. Die Solidarregion Weiz wurde 2005 gegründet, um Solidarität im Handeln und Denken zu leben. Daraus entstanden eine Reihe alternativer Projekte wie beispielsweise eine regionale Lebensmittelversorgung, die Bereitstellung von nachbaufähigem Saatgut, und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Außerdem wurde ein Solidarkatalog für Wirtschaftsbetriebe in Weiz erstellt, dem sich Betriebe freiwillig anschließen können. Mittlerweile wurden bereits 30 Unternehmen mit dem Solidarpreis ausgezeichnet. Eigenverantwortung ist das, worauf Erwin Stubenschrott baut: „Es gibt keine Ausreden, jede*r kann mit seinen/ihren Möglichkeiten einen Schritt machen.“
Gudrun LETTMAYER von Joanneum Research erstellte im Rahmen des Projekts SONAH einen Kriterienkatalog, mit dessen Hilfe überprüft werden soll, wie nachhaltig erneuerbare Energien aus sozialer Sicht sind. Dazu wurden sieben Kriterien (Konfliktprävention, Öffentlichkeitsbeteiligung, regionale Aufwertung, Identität & Zusammenarbeit, Lebensqualität, Sicherheit & Unabhängigkeit, globale Verantwortung) entwickelt. Diese Kriterien wurden auf messbare Indikatoren umgelegt, um soziale Nachhaltigkeit im Bezug auf erneuerbare Energien überprüfbar zu machen. Auf Basis eines Fragenkatalogs können so die Errichter*innen einer Anlage deren soziale Auswirkungen berücksichtigen und operationalisieren.
Insgesamt wurden durch die Veranstaltung einige der zentralen Aspekte der Energiewende in den Mittelpunkt gerückt. Einen Nachmittag lang diskutierten die Teilnehmer*innen, wo man ansetzen könne, um das von der Regierung vorgegebene ’Schneckentempo’ nicht hinnehmen zu müssen. Klar wurde auch, dass bereits sehr viele sinnvolle Schritte in Richtung Energiewende von unten gemacht werden.
Das Engagement der Akteur*innen vor Ort macht dabei nicht vor den manchmal (noch) nicht förderlichen Rahmenbedingungen halt. Ganz nach der Devise „Energiewende – Ja, es geht!“
Daniela Wiebogen hat Kultur- und Sozialanthropologie und Internationale Entwicklung studiert und ist Mitglied des GBW-Redaktionsteams.