Elektrofahrzeuge als Speicher für das (smarte) Stromnetz?

Ein häufig vorgebrachtes Argument für die Einrichtung von Smartgirds (sog. “intelligenten Stromnetzen) ist die geplante Verwendung der leistungsstarken Batterien von Elektrofahrzeugen als zusätzliche Pufferspeicher. Damit, so die Smartgrid Lobbyisten, könnten problematische Verbrauchsspitzen im Netz ausgeglichen werden, was die Effizienz erhöhen würde und für die Verbraucher niedrigere Strompreise mit sich brächte. Auch im Hinblick auf den Ausbau der Öko-Energien sei der Zugriff auf zukünftige Elektromobile ein wichtiger Schritt, um deren ungleichmäßige Stromproduktion besser in den Griff zu bekommen.

Tatsächlich ist die unvorhersagbare und stark schwankende Kapazität z.B. von Windenergieparks ein großes Problem für die Netzbetreiber. Insbesondere auch deswegen, weil diese Parks oft in abgelegenen Regionen liegen, für die natürlich bisher kein Grund zum Ausbau einer leistungsfähigen Strom-Infrastruktur bestand. Die wirklichen Probleme solcher Großprojekte liegen aber in ganz anderen Bereichen. Schon jetzt brechen die Rotoren großer Windenergieanlagen Jahr für Jahr tausenden Vögeln buchstäblich das Genick. Zugvogel-Routen werden gestört und ganze Populationen in ihrem Bestand gefährdet. Der Ausbau von Megaprojekten ist im Windenergiebereich bereits viel weiter fortgeschritten, als der Umwelt zuträglich ist. Viele der Großanlagen erweisen sich als kostenintensiv und ineffizient. Anstatt erst Großanlagen zu fördern und anschließend verzweifelt nach Methoden zu suchen, wie man deren unberechenbares Leistungsverhalten in den Griff bekommt, wäre schon längst ein Umdenken hin zu mehr Autarkie der Stromkonsumenten angebracht.

Ohnehin scheint man bei Politik und Stromlobbyisten die Rechnung großzügig über deren Köpfe und Interessen hinweg machen zu wollen. Für den Konsumenten hätte die Nutzung seines Fahrzeuges durch den Stromlieferanten nämlich interessante Nebenerscheinungen:

Familienausflug? Aber doch bitte nicht wenn der nachbarliche Industriebetrieb gerade einen Großauftrag hat!

Elektrofahrzeuge bieten viele technische Vorzüge. Sie sind leise und abgasfrei. Elektromotoren sind äußerst effizient und bieten obendrein viel mehr Fahrspass. Die Drehmomente sind Astronomisch, Allrad und mikrosekunden-genaue Traktionskontrolle auf allen Rädern einzeln kein Problem. Der Schwerpunkt liegt tief, es gibt keinen massiven Motor, der sich bei einem Frontalunfall bösartig in die Fahrgastzelle bohrt. Paradiesische Zustände. Die geräumige Familienkutsche beschleunigt in unter fünf Sekunden von null auf hundert und braucht dabei 80% weniger Energie als ein Diesel-Kleinwagen.

Die Sache hat nur einen Haken. Alle zur Verfügung stehenden Batterietypen haben eines gemeinsam: Eine lausige Energiedichte. Trotz aller Forschung in diesem Bereich sind auch in den nächsten zehn Jahren keine großen Sprünge zu erwarten. Man hofft auf 20-30% Steigerung. Das auch auf absehbare Zeit größte Manko der Elektro-Autos daher: Eine sehr begrenzte Reichweite. Von den derzeit auf dem Markt befindlichen Modellen bietet keines mehr als 150 Kilometer unter realistischen Bedingungen. In den nächsten ein bis zwei Jahren sollen erste Modelle mit rund 200 Kilometern Reichweite auf den Markt kommen. Etwa der gerade als “Betaversion” vorgestellte Tesla S, mit fug und recht eines der fortschrittlichsten und modernsten Elektrofahrzeuge überhaupt. In der Ausstattungsvariante mit dem größten Batteriepack wird der Tesla S evtl. auch 250 Kilometer in einem Stück schaffen. Die kostet dann aber auch empfindlich mehr, als die angepeilten ca. 35-40.000 Euro für die Basisvariante.

Wir erlauben uns, die Normalversion für ein kleines praktisches Beispiel zu verwenden. Deren Batterien speichern 45 Kilowattstunden elektrischer Energie. Der Ladevorgang dauert im Normalfall 5-7 Stunden. Eine Schnell-Ladung ist möglich, aber nur wenn ein spezieller Starkstromanschluss vorhanden ist. Nein, der herkömmliche Drehstromanschluss für die Betonmischmaschine reicht in der Regel nicht aus. Beim Aufladen der Akkus gehen rund 30% Energie verloren. Um 45 Kilowattstunden aufzuladen, sind also ca. 65 Kilowattstunden Energieeinsatz notwendig. Lädt man den Akku in einer Stunde, muss der Anschluss mehr als 65 Kilowatt Dauerleistung zur Verfügung stellen. Ohne dass die Kabel schmelzen. Bei normaler Ladung in rund 6 Stunden fallen immer noch ca. 11 Kilowatt Dauerleistung an. Doppelt so viel wie ein E-Herd, bei dem alle Platten und das Backrohr gleichzeitig auf voller Leistung laufen.

Gehen wir also hypothetisch davon aus, dass im Jahr 2014 eine nennenswerte Menge von Haushalten über ein Elektro-Auto dieser Leistungsklasse verfügt und auch das Smartgrid umgesetzt wurde. Der Stromverbrauch von Wien liegt laut Magistrat pro Jahr bei ca. 7-8.000 Gigawattstunden. Das sind durchschnittlich 21 Gigawattstunden pro Tag. Das Tagesvolumen  allein von Wien entspricht damit der Kapazität von 467.000 Elektro-Autos der neuesten Generation. Um Schwankungen im Bereich von 10% des Tagesvolumens von Wien auszugleichen, müssten 46.700 Fahrzeuge ihre gesamte Batteriekapazität zur Verfügung stellen. Natürlich lässt sich die Entnahme begrenzen. Man könnte also die 10% Schwankung auch abfangen, in dem man 93.400 Fahrzeuge zur Hälfte entleert.

Die Fahrzeuge hätten dann eine Restreichweite von knapp 100 Kilometern. Der Familienausflug zur Mitzi-Tant im Burgenland ist damit gestrichen. Einfach den Schnell-Lader anwerfen darf nicht sein. Sonst würde ja der Puffer ad absurdum geführt.

Auto La Ola, oder Kreditblase a la Stromnetz

Alle 93.400 Fahrzeuge in unserem Rechenbeispiel müssen, um realistisch betriebsbereit zu sein, innerhalb weniger Stunden wieder aufgeladen werden. Es wurden 22,5 Kilowattstunden aus 93.400 Fahrzeugen entnommen. Macht 2.101.500 Kilowattstunden. Um die Batterien wieder in den ursprünglichen Ladezustand zu versetzen, werden 2.731.950 Kilowattstunden benötigt. Aus der aufgefangenen Lastspitze von 10% wurde eine Lastspitze von 13%. Puffert man diese Spitze wieder über am Smartgrid angeschlossene Batterien, werden anschließend 16,9% des Tagesvolumens für die Wiederaufladung benötigt. Beim nächsten Durchlauf 21,9%. Ein Beispiel für die Effizienz von Smartgrids? Oder nur ein Beispiel dafür, dass bei den Smartgrid-Befürwortern niemand auch nur die einfachsten Berechnungen zur tatsächlichen Sinnhaftigkeit der eigenen Vorschläge durchführt?

Nur gut, dass es auch in fünf oder zehn Jahren garantiert in ganz Österreich nicht genügend Elektro-Autos geben wird, um eine bemerkbare Pufferleistung für das Stromnetz zur Verfügung zu stellen.

Akku verbraucht? Welchen Anteil zahlt mein Stromanbieter?

Wer wird im Smartgrid für die Abnützung der Akkus aufkommen? Die Batterien machen leicht die Hälfte des Anschaffungspreises eines Elektro-Autos aus. Sie haben eine begrenzte Lebensdauer, abhängig von der Anzahl der Lade- und Entladezyklen. In die Lebensdauer eines Akkus spielen viele Parameter mit hinein. Ladegeschwindigkeiten, mögliche Tiefentladungen, Betriebstemperatur, maximal entnommene Leistung,… Wie kann der Konsument da nachhalten, wie viel Verschleiß auf seinen eigenen Verbrauch zurückgeht und wie viel auf die Nutzung des Akkus durch den Stromanbieter? Bei Kosten von 20.000 Euro für einen Batteriesatz eine interessante Frage…

Im Großen und Ganzen scheint es, als hätte die Stromwirtschaft in Sachen Akkupuffer die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Für die Besitzer von Elektroautos bringt ein Anschluss an das “Smartgrid” nur Unannehmlichkeiten und die Gefahr, auf immensen Kosten sitzen zu bleiben. Wie will man die Menschen dazu zwingen, bei so etwas mitzumachen?

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